HANSEATIC

derzeit RCGS RESOLUTE, ex SOCIETY ADVENTURER / IMO 9000168



Historie auf dem deutschsprachigen Markt:

Status: derzeit nahe dem griechischen Piräus aufgelegt

Vorwort

Um Verwechslungen auszuschließen, sei vorab darauf hingewiesen, dass es sich bei der hier beschriebenen HANSEATIC bereits um das vierte deutsche Passagierschiff, das diesen traditionsreichen Namen trägt, handelt. Die drei vorherigen Schiffe namens HANSEATIC waren allesamt für die damalige Hamburg-Atlantik-Linie mit sitz in Hamburg im Einsatz.:

Historie

Die damalige Discoverer Reederei GmbH aus Bremen bestellte am 22.12.1989 bei der finnischen Werft Finnyards Ltd. zwei neue Expeditions-Kreuzfahrtschiffe. Das erste davon sollte den Namen SOCIETY ADVENTURER erhalten und 1991 ausgeliefert werden. Der Baubeginn des noch namenlosen zweiten Schiffes sollte dann im Anschluss erfolgen. Die Planungen sahen vor, dass beide Schiffe nicht nur in Eigenregie auf dem deutschsprachigen Markt vertrieben werden sollten, sondern in erster Linie auch von dem erst im Jahr 1987 übernommenen US-amerikanischen Tochterunternehmen Society Expeditions auf dem englischsprachigen Markt. Mit den beiden Neubauten sollte die aus den Schiffen

• WORLD DISCOVERER (IMO 7349053, Bj. 1975) und
• LINDBLAD EXPLORER (der späteren SOCIETY EXPLORER, IMO 6924959, Bj. 1970)

bestehende Flotte modernisiert werden. Man betrieb mit den beiden vorgenannten Schiffen seinerzeit die ersten und einzigen Schiffe dieser Art auf den Weltmeeren. Bislang wurden für Expeditionen hauptsächlich konventionelle Eisbrecher genutzt.

Die beiden Neubauten sollten die nach der deutschen Klassifizierung höchste Eisklasse für Passagierschiffe E4 (Eisdicke bis 1,0 Meter) erhalten. Diese entsprach der späteren internationalen IACS-Klassifizierung PC6 (Sommerfahrt in mittlerem einjährigem Eis mit älteren Einschlüssen). Anders als bei allen bisherigen Schiffen, mit denen seinerzeit Expeditionsreisen angeboten wurden, legte man einen weiteren Schwerpunkt auf Komfort und Luxus. Die Schiffe sollten nicht nur funktional sein. Von den insgesamt 92 Außenkabinen waren die kleinsten 22m² groß. Die größten Kabinen boten eine Fläche von 44m².

Die Kiellegung des ersten Schiffes erfolgte am 03.09.1990 auf der Werft im finnischen Rauma mit der Baunummer 306. Anlässlich des Stapellaufes am 05.01.1991 taufte die Ehefrau des Geschäftsführers der Discoverer Reederei, Frau Ursel Klein, das Schiff auf seinen Namen SOCIETY ADVENTURER. Doch es sollte unter diesem leider nicht mehr in Fahrt kommen. Aufgrund von wirtschaftlichen Problemen der Discoverer Reederei wurde das am 07.06.1991 fertiggestellte Schiff nicht mehr übernommen und der geplante Bau des Schwesterschiffes nicht mehr realisiert.

Stattdessen übernahm im Jahr 1991 die extra neugegründete werftzugehörige Society Adventurer Shipping Co. mit Sitz auf den Bahamas das Schiff und versuchte es neu zu vermarkten.

Zur selben Zeit arbeiteten in Hamburg zwei Visionäre an einem ambitionierten Projekt. Der aus Hamburg stammende Kapitän Dirk Moldenhauer, der letzte Kapitän der dritten HANSEATIC (der früheren TS HAMBURG bzw. späteren TS MAXIM GORKIY), der bereits auch schon auf der zweiten HANSEATIC als Offizier tätig war, hatte nach der seinerzeitigen Auflösung der Hamburg-Atlantic-Linie die Rechte an dem Schiffsnamen HANSEATIC sowie an dem Namen und dem Logo (eine abgewandelte Form des bekannten Malteser Logos) der Hamburg-Atlantic-Linie erworben. Im Jahr 1991 gründete er den Veranstalter Hanseatic Tours und nutzte das altbekannte und traditionsreiche Logo. Zunächst charterte er die gerade neugebaute HANSEATIC RENAISSANCE (die heutige SEA SPIRIT, IMO 8802868, Bj. 1991). Der Hamburger Unternehmer Günter Powalla, der privat oft als Stammgast auf den früheren HANSEATIC-Schiffen der Hamburg-Atlantic-Linie gereist war, übernahm die SOCIETY ADVENTURER als neuer Eigner. Zusammen verwirklichten beide nun ihren Traum von einer eigenen und vierten HANSEATIC, die bei Hanseatic Tours die HANSEATIC RENAISSANCE ersetzte.

Der Name HANSEATIC leitete sich übrigens von der englischen Bezeichnung der Freien Hansestadt Hamburg („the free and hanseatic city of Hamburg“) ab.

Das Schiff wurde von vorneherein im gehobenen 5-Sterne-Segment auf Expeditionsreisen vermarktet. Das Konzept sah vor, den hohen Komfort der früheren HANSEATIC-Schiffe der ehemaligen Hamburg-Atlantic-Linie auf Expeditions-Reisen zu übertragen. Die schon eingangs erwähnten bisherigen älteren Schiffe der Society Expeditions oder gar die kommerziellen Eisbrecher boten nicht sonderlich viel Komfort. Hier sah man dementsprechend viel Potential.

Und so wurde das Schiff schließlich am 23.03.1993 durch die damalige ARD-Tagesschau-Moderatorin Dagmar Berghoff feierlich getauft und in Dienst gestellt. Es fuhr fortan unter der Flagge der Bahamas mit Heimathafen Nassau. Die erste Reise begann daraufhin am 27.03.1993 in Hamburg.

Bereits 1997 wurde Hanseatic Tours durch die ebenfalls aus Hamburg stammende Hapag-Lloyd Kreuzfahrten (heute als Hapag-Lloyd Cruises firmierend) übernommen. Diese sah mit dem 5-Sterne-Expeditions-Produkt eine exzellente Ergänzung zu der bereits seit dem Jahr 1993 im Einsatz befindlichen BREMEN (IMO 8907424, Baujahr 1990), die erfolgreich im 4-Sterne-Plus-Segment auf Expeditionskreuzfahrten vermarktet wurde. Aufgrund der guten hanseatischen Beziehungen untereinander behielt die HANSEATIC aber weiterhin ihren traditionsreichen Namen und auch die Lackierung der Hamburg-Atlantic-Linie. Erst im Jahr 2011 erhielt das Schiff die weltweit deutlich bekanntere Lackierung von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten.

Zum Ende der 2010er Jahre sah Hapag-Lloyd Kreuzfahrten (zwischenzeitlich als Hapag-Lloyd Cruises firmierend) den Zeitpunkt gekommen, um die Expeditionsflotte zu modernisieren und gleichzeitig zu expandieren. Man bestellte drei neue Expeditions-Schiffe namens HANSEATIC nature, HANSEATIC inspiration und HANSEATIC spirit. Und so endete die letzte Reise der alten HANSEATIC für Hapag-Lloyd Cruises schließlich am 30.09.2018. Bis zur Außerdienststellung war das Schiff insgesamt 25 Jahre für die Hamburger Reederei(en) im Einsatz. Darüber hinaus blieb es nicht nur das erste 5-Sterne-Expeditionsschiff auf den Weltmeeren, sondern auch das einzige.

Neuer Eigner des Schiffes ist seither die Bunnys Adventure & Cruise Shipping Co Ltd., die das Schiff unter dem neuen Namen RCGS RESOLUTE an den kanadischen Reiseveranstalter One Ocean Expeditions vercharterte. Dieser ebenfalls auf Expeditionsreisen spezialisierte Veranstalter arbeitete sehr eng mit der Royal Canadian Geographic Society zusammen. Aus diesem Grund wurden deren Initialen RCGS in den Schiffsnamen mit aufgenommen. Der Namenszusatz RESOLUTE basierte auf dem gleichnamigen und in den 1850er Jahren im Einsatz befindlichen Arktis-Expeditionsschiff der Royal Navy. Die RCGS RESOLUTE fährt seither unter der Flagge Portugals.

Bereits im Jahr 2018 geriet One Ocean Expeditions in wirtschaftliche Schwierigkeiten, die dazu führten, dass der Einsatz der RCGS RESOLUTE zum Herbst 2018 eingestellt werden musste. Das Schiff wurde von Gläubigern an die Kette gelegt und schließlich versteigert. Derzeit ist es nahe des griechischen Piräus aufgelegt und wartet auf einen neuen Betreiber.

Technische Daten

Das Schiff ist 124,8 Meter lang, 18,0 Meter breit, hat einen Tiefgang von etwa 4,90 Meter und dabei eine Vermessung von 8.445 BRZ. Die maximale Passagierkapazität beträgt 184 Gäste, die von ca. 125 Besatzungsmitgliedern umsorgt werden. Die internationale Registrierungsnummer lautet IMO 9000168. Für Exkursionen und Anlandungen in abgelegenen Regionen standen 14 Zodiacs zur Verfügung.

Trivia

In den 25 Jahren im Einsatz für Hanseatic Tours und Hapag-Lloyd Kreuzfahrten bzw. Hapag-Lloyd Cruises erfuhr die HANSEATIC eine Reihe von durchaus bemerkenswerten Zahlen und Rekorde:

Zwischen 1993 und 2018 wurden insgesamt 667 Kreuzfahrten durchgeführt, davon waren insgesamt 128 Antarktis-Expeditionen. Zweimal wurde die Nordost-Passage erfolgreich durchfahren. Die Nordwest-Passage wurde gleich elfmal erfolgreich absolviert. So oft, wie kein anderes Kreuzfahrtschiff zuvor; abgesehen von russischen Eisbrechern.

Außerdem hält die HANSEATIC bis heute den Rekord, den nördlichsten Punkt der Welt als Nicht-Eisbrecher erreicht zu haben. Am 26.08.2014 wurde der Punkt 85°40.7′N 135°39.6′E (259 nautische Meilen bzw. 480 km vom Nordpol entfernt) aus eigener Kraft erreicht.

Übersicht der vorherigen Hochsee-Passagierschiffe namens HANSEATIC

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